Identität oder nicht?

Scheidewege - Schriften für Skepsis und Kritik Gender, Hautfarbe, Herkunft, sexuelle Orientierung...Was ist Identität? Brauchen wir eine und wenn ja, welche oder wie viele?

Identität oder nicht?

Scheidewege - Schriften für Skepsis und Kritik Gender, Hautfarbe, Herkunft, sexuelle Orientierung...Was ist Identität? Brauchen wir eine und wenn ja, welche oder wie viele?

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Gender, Hautfarbe, Herkunft, sexuelle Orientierung – die Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen. Was ist Identität? Klar ist: Das Thema betrifft viele Menschen und löst äußerst kontroverse Debatten aus. Das Spektrum reicht dabei von einer radikal-emanzipatorischen Perspektive bis zu restaurativen Bestrebungen am äußersten rechten Rande der Politik. Die Heftigkeit der Diskussion verwundert nicht, entscheiden doch Identitätsangelegenheiten über Lebensschicksale bis tief in den Körper und den Geist hinein. Dabei erweisen sich liberale Demokratien als identitäts- und gendersensible Foren. Ihnen stehen „Neue Ethiken" illiberaler Demokratien und totalitärer Staaten gegenüber, die auf ethnische Homogenität und Geschlechteruniformität zielen. Aber auch liberale Milieus diskutieren heftig über das erforderliche Maß an Identitätspolitik. Sowohl die Sprach- als auch die Geschlechterpolitik sind zutiefst umstritten. Brauchen wir eine „Identität" und wenn ja, welche oder wie viele? Und lässt sich die Identitätsdebatte mittels anderer Konzepte erweitern?

Scheidwege. Schriften für Skepsis und Kritik
Jetzt in der Neuen Edition
Herausgegeben von Jean-Pierre Wils
Mit Beiträgen von:
Christoph Türcke, Jean-Pierre Wils, Gunda Werner, Bernd Stiegler, Gerd Schwerhoff, Bettina Paust, Burkhard Liebsch, Tessa Ganserer und Kerstin Oldemeier, Hedi H. L. Claahsen-van der Grinten, Gottfried Maria Barth, Jill Lüscher, Mik Adrian Möschel, Gespräch mit Hans Joas, Adrian Holderegger, Regina Ammicht-Quinn, Marcus Düwell

„Ein lehrreiches und vor allem faires Buch zum Aufreger-Thema „Identität". Gegner und Befürworter kommen zu Wort. Lesenswert."

Kester Schlenz, Stern-Autor

„"Scheidewege. Identität oder nicht" ist ein spannender Band und hochaktuell, streift er doch im Interview mit dem Sozialphilosophen Hans Joas auch den Ukraine-Krieg und Burkhard Liebschs Beitrag über Gewalt und Demut im Zeichen des Äußersten stellt die Frage, was einen Staat stark macht."

Matthias Grass, Rheinische Post

„Ein lehrreiches und vor allem faires Buch zum Aufreger-Thema „Identität". Gegner und Befürworter kommen zu Wort. Lesenswert"

Kester Schlenz, Stern
Prof. Dr. Jean-Pierre Wils

Prof. Dr. Jean-Pierre Wils


Jean-Pierre Wils, Jahrgang 1957, studierte Philosophie und Theologie in Leuven/Belgien und Tü-bingen. Seit 1996 ist er Ordinarius für Christliche Ethik, seit 2010 Ordinarius für Soziale, politische und Kulturphilosophie, seit 2015 Ordinarius für Philosophische Ethik und Kulturphilosophie an der Universität Nijmegen Niederlande. Wils veröffentlichte zahlreiche Publikationen und war, jahrelang Mitherausgeber der Zeitschrift „Ethik und Unterricht" und Herausgeber der Essayreihe „Disput". Seit 2021 fungiert er als Herausgeber der „Scheidewege. Schriften für Skepsis und Kritik". Im Hirzel Verlag erschienen von ihm „Sich den Tod geben. Suizid als letzte Emanzipation?“ und „Der Große Riss. Wie unsere Gesellschafts auseinanderdriftet und was wir dagegen tun können“.
Reihe Scheidewege Printausgabe
Band 52
ISBN 978-3-7776-3098-4
Medientyp Buch - Kartoniert
Auflage 1.
Copyrightjahr 2022
Umfang 288 Seiten
Abbildungen 14 farb. Abb.
Format 16,0 x 24,0 cm
Sprache Deutsch

Aus dem Inhalt:

Positionen

Der Feldzug gegen die Binarität. Zum Identitätsgefühl im digitalen Zeitalter. CHRISTOPH TÜRCKE
Christoph Türke blickt in seinem Essay auf die Ursprünge des Internets. Er rekonstruiert das Entstehen eines binären Raums, der mit Suchmaschinen und Like-Buttons auf die persönlichen Interessen der Nutzer zugeschnitten ist. Türke hält fest: Das Patriarchat und das binäre Denken in Nullen und Einsen beeinflusst und verändert das Identitätsgefühl im digitalen Zeitalter.

Identitäten – eine philosophische und politische Sackgasse? JEAN-PIERRE WILS
Jean-Pierre Wils ergründet die Anfänge des Identitätsbegriffs, dessen Entwicklung seit der Antike und den Einfluss der Philosophen George H. Mead und Erik Erikson. Wils fragt: Weshalb brauchen wir eigentlich eine Identität und warum wurde dafür genau dieser Begriff gewählt? Sollten wir aufgrund des oft problematischen Identitätsdiskurses vielleicht den Begriff der Identität auswechseln?

Reue – ein frühneuzeitliches Thema neu gelesen. Gedanken über Identität, Freiheit und Verantwortung. GUNDA WERNER
Identität gilt als Oberbegriff für die Selbstsuche, das Selbstverständnis und das Verstehen des eigenen Lebens im Kontext des sozialen Gefüges. Dazu zählen auch der Umgang mit Schuld und Fehlverhalten. Gunda Werner untersucht Schuld- und Schamkultur sowie die schuld- bzw. schamkulturelle Orientierung von Gesellschaften und Gemeinschaften. Sie erforscht, wie sich Menschen mit der eigenen Schuld und Reue auseinandersetzen und wie dies zur Identitätskonstruktion beiträgt.

Fotografische Bildpolitiken der Identität. BERND STIEGLER
Die Fotografie ist eine der effektivsten Arten der Identitätsproduktion. Ausweisbilder, Familienalben und Selfies sind kulturelle Zeichen. Oft wird die Fotografie sogar dazu verwendet, eine bestimmte Identität zu erfinden und glaubhaft zu machen. Warum vertrauen wir Fotografien? Wie wird die Fotografie als Medium eingesetzt, um Identität zu produzieren? Bernd Stiegler blickt in die Fotografiegeschichte sowie zu den Sozialen Medien, um diese Fragen zu beantworten.

Identität und Herabsetzung. Das Modell der Blasphemie. GERD SCHWERHOFF
In der Geschichte des Christentums bildet das Verbot der Herabwürdigung Gottes einen festen Eckpunkt religiöser Identitätspolitik, gepaart meist mit der großzügigen Bereitschaft zur Schmähung und Herabwürdigung der anderen, „falschen“ Glaubensrichtungen. In seinem Essay behandelt Gerd Schwerhoff verschiedene religiöse Gemeinschaftsidentitäten und deren Verletzung sowie Konflikte und gewaltigen Ausschreitungen zwischen Gemeinschaften.

Identitätsirritationen. Joseph Beuys als Künstler und Kunstwerk. BETTINA PAUST
Bettina Paust betrachtet in ihrem Essay den Künstler Joseph Beuys, der als zentralen Kern seines künstlerischen Schaffens ein komplexes Konstrukt multipler Identitäten seiner selbst schuf. Diese vielen Teilaspekte, die sich unter anderem in seiner Kleidung und seinem Habitus zeigten, verankerte Beuys in biografischen Ereignissen. Paust erzählt von identitätskonstruierenden Episoden im Leben des Künstlers, die zur Erschaffung der Kunstfigur Beuys führten.

Gewalt und Demut im Zeichen des Äußersten. Zur Frage, was einen Staat »stark« macht – aus aktuellem Anlass. BURKHARD LIEBSCH
Burkhard Liebsch betrachtet in seinem Essay aktuelle Ereignisse rund um die Großmächten China, USA und Russland. Dabei geht er auf den Sturm des Kapitols und auf den Russland-Ukraine-Krieg ein. Liebsch hält fest: Über dem Staat gibt es keine höhere Instanz und er gilt als souverän. Er kann also vollkommen frei und damit auch rücksichtslos handeln, nur dem eigenen Überleben verpflichtet, bis hin zum totalen Krieg. Liebsch berichtet von dem Missbrauch dieser Macht durch Staatsoberhäupter, aber auch von positiven Gegenbeispielen: Regierungen, die Demut zeigen und Verbrechen eingestehen, die im Namen des Staates begangen wurden.

Praktiken

Gerechtigkeit für geschlechtliche Diversität. Ein politisches und sozialwissenschaftliches Resümee. TESSA GANSERER UND KERSTIN OLDEMEIER
Mit welchen Schwierigkeiten sind trans* Personen konfrontiert, wenn sie sich outen? Dieser Frage gehen Tessa Ganserer und Kerstin Oldemeier in ihrem Beitrag nach. Ausgehend von Tessa Ganserers Erfahrungen wird gezeigt, dass Gerechtigkeitsforderungen für queere Lebensweisen weiterhin nötig sind. Ein Fokus liegt auf der psychopathologisierenden Konstruktion des Medizin- und Rechtssystems. Der Text schließt mit einer politischen und sozialwissenschaftlichen Einordnung über Versäumtes und Notwendiges.

Genderidentität – eine Frage der Hormone? HEDI H. L. CLAAHSEN
Wir sind es gewohnt, die Genderidentität eines Kindes an dessen biologische Geschlechtsmerkmale zu koppeln. In diesem Text betrachtet Kinderendokrinologin Hedi Claahsen allerdings das Thema Intersexualität: Wenn ein Kind die genetischen Anlagen eines bestimmten Geschlechts hat, aber durch eine fehlende oder ungewöhnlich hohe Testosteronproduktion keine vollständige geschlechtliche Entwicklung während der Schwangerschaft durchgemacht hat. Wie geht die immer noch von Geschlechterbinarität geprägte Gesellschaft mit Intersexualität um? Nach welchen Kriterien entscheiden wir, ob ein intersexuelles Kind ein Junge oder ein Mädchen ist? Und welche Genderidentität hat das Kind?

Schwierige Identitätsentwicklung in einer hochkomplexen Welt. Aus der kinder- und jugendpsychiatrischen Arbeit. GOTTFRIED MARIA BARTH
Heute rücken Phänomene wie Identitätsdiffusion, Identitätsfusion oder Transidentität immer mehr ins Blickfeld der kinder- und jugendpsychiatrischen Arbeit. Sie stellen neue Herausforderungen an die Begleitung gesunder und die Behandlung seelisch belasteter Kinder und Jugendlicher. Gottfried Maria Barth skizziert, wie die Identitätsentwicklung abläuft und durch Familie und das Umfeld nachhaltig geprägt wird. Für Barth ist wichtig, dass die Wege zur Identitätsbildung erkannt werden, um die Voraussetzungen zu schaffen, eine tragfähige Identität bilden zu können.

Kill Bill, Jill? JILL LÜSCHER
Jill Lüscher erzählt aus ihrem Leben und ihrer Transformation, die sie mit 56 Jahren vollzog. Geboren wurde sie als Mann, als Bill Lüscher. Schon mit zehn Jahren fing sie an, heimlich Schmuck und Kleider ihrer Mutter und Schwester anzuziehen. Doch Scham und die Angst, entdeckt zu werden, dominierten ihr Leben seit ihrer frühen Kindheit. Als sich Jill schließlich dazu entschloss, als Frau zu leben, verweigerte ihr Psychiater die Überweisung in die Hormonbehandlung. Jill erzählt, wie sie es trotzdem schaffte.

Gefangen sein. MIK ADRIAN MÖSCHEL
Mik ist als Mädchen zur Welt gekommen und merkte bereits im Kindergarten, dass er im falschen Körper gefangen ist. In seinem Beitrag erzählt er von seinem Outing und den Reaktionen seiner Freund*innen und Familienmitglieder sowie vom über Jahre hinweg anhaltendem Mobbing durch seine Klassenkamerad*innen und Lehrer*innen, das ihn zwang, seine Identität lange zu unterdrücken, und schließlich in einem Suizidversuch gipfelte.

GESPRÄCH MIT HANS JOAS
Jean-Pierre Wils im Interview mit dem Sozialwissenschaftler und Philosophen Hans Joas über den Krieg in der Ukraine, den Pragmatismus als Hauptquelle der Soziologie Joas sowie dessen Werttheorie und Gedanken zur Kreativität.

Kontroverse

Die Transformation eines Konzepts. Die schwierige Vermittlung der Menschenrechte. ADRIAN HOLDEREGGER
Adrian Holderegger war in den letzten zehn Jahren als „Ambassador of Peace“ der UNO an Missionen und Konferenzen beteiligt – sei es am Sitz in Genf oder New York oder in Konfliktgebieten wie Syrien oder Adis Abeba. Diese Erfahrungen haben seinen Blick geschärft für kulturelle Unterschiede, aber auch für Entstehungsbedingungen von politischen, kulturellen und religiösen Spannungen, die jederzeit in Ausgrenzung, Unterdrückung, Gewalt und Krieg münden können. Sie haben seinen Blick aber auch auf das „Rettende“ – auf versöhnende und friedenstiftende Potenziale – gelenkt, das in den Traditionen der jeweiligen Regionen und Ethnien schlummert.

»Lerngeschichte« und Lern-Geschichten. REGINA AMMICHT-QUINN
Regina Ammicht-Quinn erweitert Adrian Holdereggers Vorschlag einer anderen, sensibleren Vermittlung der Menschenrechte, die Anknüpfungspunkte von moralischen Universalismen in den jeweiligen Kulturen sucht. Sie ergänzt zwei Perspektiven: das Ernstnehmen von Brüchen und die Rolle von Religion.

Transformation und Interpretation der Menschenrechte. MARCUS DÜWELL
In seiner Antwort auf Adrian Holderegger stimmt Marcus Düwell zu, dass die Menschenrechte nicht als ein festes Set an normativen Vorgaben zu verstehen sind, weshalb es sehr schwer ist, Menschenrechte eine überprüf- und einklagbare Rechtsform zu geben. Auch Düwell hält Transformation und kulturelle Einbettung für erforderlich, merkt allerdings an, dass wir für einen solchen Transformationsprozess zu allererst die Funktion und den normativen Gehalt der Menschenrechte bestimmen müssen. Denn um die Rolle der Menschenrechte sowie ihre Hilfen und Bedrohungen gibt es Kontroversen. Düwell fordert weitere philosophische Arbeit am Begriff der Menschenrechte zur normativen Orientierung dieses Transformationsprozesses.


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